Ängste
Zweifel
Leere
Einsamkeit
Es mag im ersten Moment hart klingen, doch leider ist das mein aktuelles Innenleben.
Ein Monat ist nun vergangen seit ich aus Italien nach Deutschland zurückgekehrt bin. Dieser Monat war gefüllt mit Arbeitssuche, WG suchen (und finden), Familienzeit, ein paar Freunde treffen, dem Start auf der neuen Arbeit und einer sehr intensiven Einarbeitszeit, die immer noch anhält.
Mein Leben besteht aktuell aus Arbeit, Arbeitsweg, trinken, essen und schlafen. Ich werde täglich mit so vielen Informationen, Geräuschen und Eindrücken überhäuft, dass ich in meiner Ruhezeit kaum zur Ruhe kommen kann.
Tausende Fragen und Zweifel schwirren durch meinen Kopf und Körper; ich fühle mich total benebelt.
Warum bin ich überhaupt nach Deutschland zurückgekommen?
Zwei Jahre lang kein eigenes Zuhause zu haben, sich ständig anzupassen und selbst zurückzunehmen, und immer wieder große Veränderungen zu durchleben hat mich besonders in den letzten Monaten an meine Grenzen gebracht.
Ich wollte wieder das Gefühl von Vertrautheit fühlen, Routinen haben, unabhängig sein und auf ein Projekt/ Ziel hinarbeiten.
Die neue Arbeit hat bereits begonnen. Das Team ist gut und die Tätigkeit macht mir große Freude. Doch alles ist noch so neu und unbekannt.
In meine WG kann ich erst später einziehen. Demzufolge pendle ich bisher zwischen dem Speckgürtel und dem Zentrum der Stadt. Nachts schlecht geschlafen und demzufolge total ausgelaugt steige ich morgens in die Tram, wenn es zur Frühschicht geht. Nach dem Dienst ist es auch nicht viel anders – egal, ob nachmittags nach dem Frühdienst oder nachts nach der Spätschicht. Aufgrund all‘ der großen Veränderungen und des Unbekannten läuft das Nervensystem auf Hochspannung.
Warum?
Leider, leider, leider liegt im Bezug auf das Thema Selbstvertrauen noch ein langer Weg vor mir.
Unbekanntes und Ungewissheit schüchtern mich ein.
Ich brauche viele Rückmeldungen von außen, um mich wertvoll oder gut zu fühlen.
Viele zwischenmenschliche Dynamiken empfinde ich als unangenehm.
Verkehr, Lärm, Gerüche, laute Musik, Menschenmengen überwältigen meine Sinne und sorgen für Überforderung und Rückzug in alltäglichen Situationen.
Meine Bindungsängste fahren Achterbahn.
Ich habe nahezu all‘ das, was ich wollte – und bin ziemlich unglücklich damit. Wie ist das nur möglich???
•••

Wir Menschen neigen oft dazu, das zu wollen, was wir gerade nicht haben (können).
Bist du blond, möchtest du dunkle Haare haben.
Im Alltag oder auf Arbeit sehnst du dich nach Urlaub.
Bist du im Urlaub, vermisst du Zuhause.
Dein Datenvolumen könnte mehr und das Handy ein-zwei Nummern größer sein. Vom Fernseher mal ganz zu schweigen.
In meinem Fall sind es Bindungsangst und mangelndes Selbstvertrauen, die für meine aktuell ziemlich unglückliche Gefühlswelt sorgen.
Es schlummert eine große Furcht in mir, dass ich in eine Abhängigkeit rutsche – egal, ob es sich dabei um einen Ort, eine Person oder etwas anderes handelt. Ich habe einen unfassbar großen Freiheitsdrang in mir, der oft zu emotionalem Rückzug und Selbstisolation führt, um mich vor Vereinnahmung oder Selbstaufgabe zu schützen.
Die aktuelle Situation ist so vollgepackt mit Unbekanntem und Unsicherheiten, dass sie mich total überwältigt. Die altbekannten Fragen kommen dann ziemlich schnell wieder an die Oberfläche:
Habe ich mir nun meine große Freiheit genommen?
Wie lange muss ich hier sein, was ist angemessen?
Ich habe neben der Arbeit überhaupt keine Zeit und Kapazität für die Dinge, die mir doch so sehr am Herzen liegen – neue Menschen kennenlernen, mir ein Netzwerk aufbauen, die Stadt und Umgebung (neu) entdecken.
Was ist nur los???
Liegt es an der Arbeit, an der Stadt, an den Menschen?
Nein.
Es ist vielmehr das Innere, was sich im Außen widerspiegelt.
Die Arbeit macht mir riesige Freude, im Team fühle ich mich wohl. Das belebte Treiben in der Stadt unterscheidet sich stark vom Leben in meiner Heimat.
Auch wenn ich mich gerade (psychisch) nicht gut fühle, sind da trotzdem genügend Dinge, die mir Kraft geben. Und in den nächsten Wochen und Monaten möchte ich Prioritäten setzen und den Fokus auf die aktuell für mich wichtigen Dinge legen:
- Training für meinen ersten Halbmarathon Ende Oktober
- Auf der neuen Arbeit und im Team ankommen; dazulernen; meine Stärken erkennen und wertschätzen; wohlwollend mit mir und meinen Schwächen sein
- Umziehen in mein neues Zuhause und alles ganz im Sinne meiner Kreativität einrichten
- Neue Menschen kennenlernen, (internationale) Treffen, Bekannt- & Freundschaften pflegen, lokale Angebote nutzen, ein Netzwerk aufbauen; meine Zeit gut ausschöpfen und genießen
- Am Italienisch dranbleiben und stetig lernen
Geduld, Zuversicht und Wohlwollen sind nun das, worauf ich besonders achten muss.
Ich möchte lernen, den Dingen aber auch mir selbst mehr Zeit zu geben.
Wie heißt es doch so schön: