Morgen ist es soweit. Schon seit mehreren Tagen fliegen mir Gedanken an Florenz durch den Kopf – darauf folgen dann Gefühle von Bauchkribbeln, (Vor)Freude, Glück und Aufregung. Ein Ort, der etwas ganz Besonderes für mich ist. Ein Ort, an dem ich mich zum ersten Mal in den vergangenen zwei Jahren ZUHAUSE fühle.
Nach sieben Stunden und 38 Minuten setze ich meinen Fuß aus dem Zug auf florentinischen Boden. Energieströme durchfließen meinen Körper – von oben nach unten und wieder zurück. Es ist 17:33 Uhr – der Abend ist also noch jung!
Es zieht mich raus auf die Straßen. Schnell im Hostel eingecheckt, den Rucksack in die Ecke verfrachtet, los geht’s.
Ich laufe stundenlang durch die Straßen und Gassen, sauge die unglaublich ausdrucksstarke Energie der Stadt ein, lasse mich treiben und genieße dabei die abendliche Atmosphäre.
Mittlerweile ist die Sonne schon seit einer Stunde hinter’m Horizont verschwunden. Aber ich bin hellwach – allein das Hier-Sein tankt mein (mentales) Energielevel vollkommen auf.
Halb elf wird es dann mal Zeit, langsam zurück zu gehen. Der lange Tagestrip im Zug hat ganz schön viel Kraft geraubt.
Die Augen brennen vor Müdigkeit, aber ich wälze mich nur von links nach rechts und kann nicht aufhören zu denken.
Ich habe nur zwei Tage Zeit.
Es muss noch so viel erledigt werden, bevor es auf die Farm geht.
Hoffentlich schaffe ich das alles.
Wird es das Richtige sein? Werden sie mich mögen? Was, wenn ich nicht ins Team passe; was, wenn sie mich dort nicht haben wollen?
Bin ich gut genug?
Ich bin mental total erschöpft und sehr rastlos. Da ist (immer noch) diese enorm große Angst, Fehler zu machen oder selbst fehlerhaft zu sein. Und all‘ die kommende Veränderung bringt wieder eine neue Ungewissheit mit sich. Nicht zu wissen, wie es an dem Ort sein wird, wo ich den Sommer verbringen werde und wie die Menschen drauf sind, mit denen ich dort bin.
Werden wir uns gut verstehen; werde ich in das Team passen?
Was, wenn das alles am Ende nichts ist? Dann stehe ich da – ohne Bleibe, ohne Job, ohne Hilfe, ganz allein.
Diese Vorstellung macht mir Angst. Veränderungen und Unbekanntes sind immer schwer. Aber wenn ich es nicht zumindest ausprobiere, dann würde ich immer in einer „Ach hätte ich doch…“ oder „Was wäre gewesen, wenn…?“ -Mentalität leben.
Erfahrungsgemäß sind vor allem die ersten Tage besonders schwierig. Man möchte einen guten Eindruck machen, kennt all‘ die Abläufe, Gewohnheiten und Beziehungen untereinander noch nicht, die Kollegen sind neu, die Umgebung, das Essen, usw.
Fragen über Fragen im Kopf… und eine große Unsicherheit in meinem Handeln. Ich möchte nicht im Weg sein oder stören, will helfen so gut ich kann, möchte dazugehören und mich wohlfühlen. Andersherum ist es ähnlich: die Routinen wollen weiterhin bestehen bleiben, und die anderen sind neugierig auf die Neue. „Was ist das wohl für eine? Wie ist sie so drauf? Wird sie zu uns passen?“
Ich bin sehr angespannt, und da fehlt einfach ein großer Batzen Selbstbewusstsein in Bezug auf diesen nächsten Schritt.
Klartext!
Ich gebe immer mein Bestes, mache alles aus einem guten Willen, und bin ein Mensch – das heißt, es kann durchaus vorkommen, dass etwas nicht ganz richtig ist. Ich muss mich nicht immer verstecken oder zurücknehmen. Ich darf sein, WER und WIE ich bin.
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Diese ersten Worte habe ich vor, während und kurz nach meiner Zeit in Florenz geschrieben.
Mittlerweile bin ich schon seit ein paar Tagen auf der Farm.
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Mitten in der Toskana, umgeben von Weinplantagen, Olivenbäumen und Landwirtschaft. Kühe und Schweine auf der Farm, Bienenvölker, Gemüsegarten, Gästehaus, Restaurant, Weinkeller, Fleischkammer. So wird mein Sommer sein.
Die letzten Tage habe ich auf dem Feld verbracht. Morgens raus, abends rein. Die Sonne brennt vom Himmel – wahrscheinlich bin ich in zwei Wochen so braun wie Schokolade mit 80% Kakaoanteil 😉
Ich muss mich immer noch daran gewöhnen, hier zu sein. Das hängt aber nur damit zusammen, dass alles so neu ist. Die Ankunft und ersten Tage waren sehr gut, ich fühle mich wohl und lebe (wieder) total im Moment.
