Ich vermisse den vertrauten Geruch, die Umarmungen und das Lächeln meiner allerliebsten Menschen. Ich vermisse den Alltagstrubel meiner Heimatstadt. Mir fehlt die liebenswürdige Verrücktheit meiner Schwester, der Kartoffel-Fanatismus von Papa und das Funkeln in den Augen meiner Mama, wenn sie von ihrem Garten erzählt. Ich vermisse das Gefühl von Zuhause. Ich vermisse den leckeren Kuchen von Oma und all‘ die schönen Blumen in ihrem Garten. Manchmal sehne ich mich nach dem gemeinsamen Tag am See, Grillabenden an lauen Sommernächten oder dem traditionellen Mittwochabend-Dönerbesuch. Mir fehlt meine Heimat mit all‘ ihren weiten Feldern, wunderschönen Wäldern, Bergen, satten Wiesen, kleinen Dörfern & Städten. Das Vogelgezwitscher im Frühling. Die Sonne, die durch die jungen Triebe und Blätter der Bäume scheint. Gelbe Rapsfelder. Deutsche Eichen- und Buchenwälder. Ich sehne mich nach dem Geruch von frisch gekochtem Kaffee an einem Sonntagmorgen zum gemeinsamen Frühstück mit dem „traditionellen“ Gang zum Bäcker. Ooooh, und all‘ die kleinen regionalen Geschäftchen wie der Bioladen, der Lieblingsbäcker oder der Gärtner, in dessen Hofladen ich mittlerweile schon Stammkunde bin. Ich vermisse die typischen Düfte von Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Das Einkuscheln in Decken und das Tee trinken nach einem eisigen Winterspaziergang. Das gemeinsame Ostereier-Suchen im Garten. Eier-Färben zu Ostern und Plätzchen backen an Weihnachten mit dem singenden Rolf Zuckowski im Hintergrund. Mir fehlen all‘ die Jahr- und Weihnachtsmärkte. Gewisse Alltagsroutinen. Meine Yogamatte, Buddha und die ätherischen Öle. Gewöhnliche Erledigungen in der Innenstadt und dabei ein kleines Pläuschchen mit Bekannten oder Freunden auf der Straße. Ich vermisse meine verrückten Socken und mein prall gefülltes Gewürzregal. Manchmal sehne ich mich nach Harzer Käse, schwarzen Lindor-Kugeln oder Yogi-Tee.

Puh, das erscheint ganz schön viel, und sicherlich fehlen da auch noch einige Dinge in der Aufzählung. Wenn es diese Momente gibt, in denen mir etwas fehlt, dann bin ich aber nicht traurig und betrübt. Ich habe meinen Lebensstil des Rucksackreisens bewusst gewählt mit dem Wissen, dass viele dieser Dinge fehlen werden. Und durch die unbegrenzten Möglichkeiten heutzutage gibt es genügend Wege, um die kleine Sehnsucht in diesem Moment abzumildern. Ich bin so dankbar dafür, mit meinen wichtigen Menschen in Kontakt stehen zu können – sei es eine Nachricht, ein Anruf, ein Bild oder ein Video-Telefonat.
Auch treffe ich oft Menschen, mit denen sich für eine kurze Zeit eine gewisse Bindung aufbaut – da gibt es auch öfter mal eine Umarmung oder Geborgenheit, Vertrauen und Sicherheit.
Wenn ich gefragt werde, wie viel Zeit mir zum Reisen zur Verfügung steht, muss ich jedes Mal lächeln und spüre Glücksgefühle… meine Antwort ist immer gekennzeichnet durch Schulterzucken und ein „Hm, keine Ahnung, so lange, wie ich eben will.“
Ich bin komplett frei, oder wie Papa sagen würde: „Tinki ist ein Zugvogel“. Orts-, personen- und zeitUNGEBUNDEN. Oft entscheidet das Bauchgefühl, wo es als nächstes hin geht und wie lange ich dort bleibe. Dann kommen äußere Umstände dazu oder fallen weg, sodass die Dinge schnell ganz anders verlaufen. Ich gewinne enorm viel Selbstständigkeit und -vertrauen, Flexibilität und all‘ die Fähigkeiten zur Lösungsfindung. Ständig treffe ich neue Menschen, erweitere meinen Horizont durch andere Sichtweisen oder Lebensstile und lerne eine Menge über mich selbst. Alles, was ich WIRKLICH brauche, trage ich in einem Rucksack auf dem Rücken (und als Kleidung an meinem Körper ;-P).
Das Vermissen bestimmter Menschen, Gefühle und Dinge von Zuhause gehört dazu. Aber da ich weiß, dass ich dort auf Dauer nicht glücklich werde und mich fühle, als könnte ich nicht komplett mein wahres Ich leben, bin ich nicht traurig. Im Herzen und in Gedanken habe ich die Menschen immer bei mir. In der Natur gibt es unterwegs so viele andere Dinge, die es Zuhause nicht gibt. Vielleicht werde ich nie haargenau denselben typischen Geruch an einem Frühlingstag wahrnehmen, aber das macht nichts. Irgendwann werde ich wieder mal Zuhause sein… und dann ist die Wertschätzung und Freude über diese Dinge tausendmal größer. Ach ja, und all‘ die Leckereien, nach denen sich der Gaumen manchmal sehnt… das sind alles nur Luxusprobleme. Dort, wo ich bin, gibt es leckeres regionales Essen, was es Zuhause wieder nicht gibt und dessen Privileg ich habe, alles zu probieren. Wüsste ich nicht, dass es diese unglaublich zartschmelzenden schwarzen Lindor-Kugeln oder den extrem würzigen Harzer Käse gibt, würde ich es auch nicht vermissen. Also alles nur Jammern auf hohem Niveau ;-P
Ich bin glücklich. Und ich bin unglaublich frei. Das ist ein tolles Gefühl, was ich mittlerweile auch nach außen ausstrahle. Und diese Ausstrahlung fühlt sich wunderbar an. ☀️
